Aufgenommen im März 2013

Im Siebenjährigen Krieg wurde Zittau durch Beschuss der österreichischen Artillerie zu großen Teilen zerstört. Nach der verlorenen Schlacht der Preussen am 18. Juni bei Kolin (Böhmen), mussten sie den Rückzug antreten und zogen sich nach Zittau zurück um die hier lagernden Lebensmittelvorräte in ihre Gewalt zu bringen. Um nicht in Bedrängniss durch die heranrückende österreichische Armee zu geraten, zogen die preussischen Truppen ab. Zum Schutz der Stadt wurden nur fünf Bataillone unter der Führung von Oberst Diericke zurückgelassen. Nachdem dieser zwei Ultimaten zur Übergabe der Stadt verstreichen ließ, setzte die österreichische Armee unter dem Kommando von Feldmarschall Graf Leopold von Daun, die Stadt unter Artilleriebeschuss. Die einst reiche Handelsstadt wurde fast vollständig zerstört. 500 Menschen verloren ihr Leben, Tausende ihr Hab und Gut.
Die Katastrophe löste in Deutschland und vielen Teilen Europas Bestürzung aus. Eine große Solidaritätsaktion wurde ausgelöst, an der sich selbst die österreichische Kaiserin Maria Theresia mit 50 000 Talern beteiligte.
Obwohl die Stadt mit ihren Bürgerhäusern schnell wieder aufgebaut werden konnte, musste auf die Fertigstellung öffentlicher Bauten, wie das Rathaus und die Johanniskirche, Jahrzehntelang gewartet werden. Erst nach dem Wiener Kongress, als das Königreich Sachsen weite Teile der Lausitz an Preussen abgeben musste, kam der Wiederaufbau von Rathaus und Johanniskirche in Gang.
Im Fall der Johanniskirche wurde aber schon seit 1764 gebaut. Den Auftrag hierzu erhielt Zimmerermeister Andreas Hünigen. Seinem Neubau legte er Studien zugrunde, die er an verschiedenen Dresdener Kirchen unternahm. Doch auf Grund von Konstruktionsfehlern, ständigen Planänderungen und mangelhafter Fundamente im schwierigen Baugrund, gab es immer wieder Verzögerunge durch das Beseitigen von Mängeln, bei denen sogar Teile abgetragen und neu errichtet werden mussten. So neigte sich z.B. der Südturm um mehrere Grad zur Seite (erst Schinkel hat später den Turm durch Entlastung und Verstärkung der Fundamente stabilisiert).
Nach Hünigens Tod 1781 ruhte der Weiterbau mehrere Jahre. Ab 1793 übernahm der spätere Zittauer Oberbaudirektor Karl Christian Eschke den Weiterbau. Stilistisch gab er dem barocken Bau nun klassiztische Akzente. Doch auch er vermochte es nicht, den Kirchenbau zu vollenden.
Als Schinkel 1832 auf seiner Dienstreise nach Schlesien durch Zittau kam, besichtigte er u.a. auch den unvollendeten Kirchenbau. 1833 wurde er um ein Gutachten zur Fertigstellung der Kirche gebeten. Noch im selben Jahr fertigte er Pläne für einen radikalen Umbau an, die unter der Aufsicht von Carl August Schramm umgesetzt wurden.
Der Nordturm erhielt einen achteckigen Aufsatz mit Steilhelm. Der höhere Südturm erhielt Rundbogenfenster und eine Türmerwohnung. Ein Spitzdach durfte aus statischen Gründen aber nicht mehr aufgesetzt werden. Sämtliche Fassaden wurden klassizistisch umgestaltet. Die Westfassade zwischen den Türmen musste wegen Rissbildung neu errichtet werden. Markanter Hauptbestandteil ist die grosse Rundbogennische. Über ihr befindet sich eine Fünferarkade und ein Dreiecksgiebel.
Im Inneren wandelte Schinkel den Raum streng klassizistisch um. Das viel zu schwere Tonnengewölbe, dessen Gewicht von den Seitenwänden nicht genügend aufgenommen werden konnte und die Neigung des Südturmes verursachte, wurde entfernt und durch eine hölzerne Kassettendecke ersetzt. Die Westwand nimmt hier das Motiv der äusseren Rundbogenniesche auf. In ihr steht auf einer Empore die Orgel. Die Empore ist aus Holz und auf drei Seiten umlaufend. Zwischen den hellen, mächtigen Wandpfeilern fügt sie sich harmonisch ein und bildet mit ihrer dunklen Tönung einen angenehmen Kontrast. Der Altar ist geostet und durch mehrere Stufen erhöht. Die Apsis ist mit einem "Schinkelschen Sternenhimmel" ausgemalt. Das Wandgemälde stammt vom Leipziger Professor Bernhard Wilhelm Rosendahl (1804-1846) und stellt die "Offenbarung des Johannes" dar. 1837 endlich konnte die Kirche nach über 70 Jähriger Bauzeit eingeweiht werden. 1887 wurde aus feierlichem Anlass der 50 jährigen Wiedereinweihung eine Kopie von Bertel Thorvaldsens (1770-1844) „Segnenden Christus“ (Liebfrauenkirche Kopenhagen) in der Apsis aufgestellt.
Nach zunehmendem Verfall der Bausubstanz in den 40 Jahren der DDR fand von 1991-97 die äußere Wiederherstellung der Johanniskirche statt. 1999 wurde die Kassettendecke restauriert. Bis zum heutigen Zeitpunkt dauert die Innenraumsanierung noch an.

(Quelle: Andreas Bernhard; Gert Streit: Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, Band2
Internationales Karl Friedrich Schinkel-Symposium, Zittau/Sachsen im Oktober 1995; Vortragsband
Beitrag von Prof. Dr. -Ing. Eberhard Kothe
http://johannis-kirche-zittau.de)